Impfen zu Hause oder im Gefängnis – unsere mobile Impftruppe

In unserer Praxis können wir an einem Tag um die 120 Menschen impfen. Wir sind aber auch auf mobilen Einsätzen unterwegs und impfen so die Menschen, die nicht zu uns kommen können, weil sie beispielsweise bettlägerig oder im Gefängnis sind.

Die Logistik

Das Coronavirus hat die Welt verändert und bringt vieles noch nie Dagewesenes mit sich. So war es zum Beispiel auch noch nie notwendig so viele Menschen gleichzeitig gegen ein Virus zu impfen. Dafür braucht es eine durchdachte Logistik und die Zusammenarbeit von Spezialisten. So arbeiten wir als Hausärzte mit den gesundheitlichen Logistikspezialisten von knechtcare zusammen.

Unsere Ärzte treffen am Morgen eines solchen externen Impfeinsatzes im Logisitikcenter bei Knechtcare ein um den Tag vorzubereiten: Sie nehmen den Impfstoff aus dem Kühlschrank, lassen ihn eine halbe Stunde lang Raumtemperatur annehmen und mischen ihn dann mit Natriumchlorid, um ihn zu verdünnen.

Ein Zeitfenster von 6 Stunden

Aus einer Ampulle kann man sechs Spritzen aufziehen. Danach ist der Impfstoff für sechs Stunden verwendbar. Nach Ablauf dieser Zeit darf der Impfstoff nicht mehr verwendet werden. Aus diesem Grund besucht das Team bestehend aus Ärztin und Fachangestellte Gesundheit an einem Tag sechs Patienten zu Hause.

Meist reicht die Zeit gut um alle Dosen am selben Tag zu verabreichen. Wenn aber Stau oder eine längere Beratungszeit dazwischen kommt, muss sich das Team schon mal sputen, um alles rechtzeitig zu schaffen.

Weder geschüttelt noch gerührt

Der Impfstoff ist sehr empfindlich und darf nicht geschüttelt werden. Deshalb wird er in einem speziellen mit viel Schaumstoff gefütterten Koffer transportiert. Wer das Auto fährt, sollte es so ruhig wie möglich durch den Verkehr lenken, um Erschütterungen zu vermeiden.

Ob der Impfstoff den Transport gut überstanden hat, sieht man an der Farbe. Die Flüssigkeit in der Spritze ist durchsichtig. Verfärbt sie sich weisslich oder milchig oder bilden sich Kristalle, muss die Spritze entsorgt werden. Die Ärzte prüfen dies vor jeder Injektion.

Die Patienten freuen sich

Die Patienten, die wir besuchen, können ihr Zuhause kaum mehr verlassen und haben deshalb meist nur wenige Kontakte zur Aussenwelt. Sie freuen sich deshalb meist sehr über unseren Besuch für die Corona-Impfung und erwarten uns schon.

Da wir die Patienten nach der Impfung, wegen allfälliger Reaktionen 15 Minuten beobachten, haben wir immer viel Zeit, uns auch mit den Menschen zu unterhalten. Für Menschen, die oft allein zu Hause sind, kann dies sehr wertvoll sein.

Aufgestocktes Team

Für die vielen Impfeinsätze brauchen wir Verstärkung, unsere Ärzteschaft kann dies neben dem normalen Praxisbetrieb nicht stemmen. Eine davon ist Austeja Raziunaite. Sie wollte bei der nationalen Impfkampagne mithelfen und hat sich deshalb auf unser Inserat in der Ärztezeitung gemeldet.

Sie erzählte uns zwei Geschichten aus ihrem Alltag auf den Impfeisätzen:

Impfeinsatz wie im Museum

«Wir besuchten einen jungen Mann um die 40 Jahre mit ALS (amyotrophe Lateralsklerose), der sein Bett nicht mehr verlassen kann. Der Mann ist ein sehr grosser Fan von Messern und Schwertern. In seinem sehr schönen zu Hause hatte er in seinem Schlafzimmer über 100 Messer ausgestellt. Zu einzelnen hat er uns die Geschichte erzählt. Solche Menschen freuen sich sehr über unseren Besuch. Diese Momente berühren mich – es ist eine schöne Arbeit.»

Notfallwagen statt Covid-Impfung

«In einem Fall besuchten wir einen Mann, der sehr krank war als wir eintrafen. In diesem Zustand konnten wir ihn nicht impfen. Wir haben seine Frau überzeugt, dass es besser wäre, wenn er sich im Spital behandeln liessen. So haben wir die Ambulanz gerufen. Es war sehr gut, dass ich in diesem Moment eine Ärztin da war und die Situation richtig einschätzen konnte. Wir werden den Mann zu einem späteren Zeitpunkt impfen.»

Etwas andere und etwas mehr Fragen im Gefängnis

Der Impfeinsatz im Gefängnis ähnelt dem in der Praxis sehr. Lediglich die Fragestellungen sind etwas andere als ”draussen”. Es stellen sich beispielsweise Fragen, wie «Ich werde demnächst in eine andere Einrichtung verlegt. Erhalte ich da meine zweite Impfung?»

Der Informationsfluss ist im Gefängnis erwartungsgemäss kleiner als in der Aussenwelt. Darum haben viele Insassen mehr Fragen zur Impfung, als das in der Praxis der Fall ist.

Der ganze Ablauf dauert etwas länger, da jeder Impfwillige einzeln zur Impfung gebracht wird und danach zurück in die Zelle. Auch die Beobachtung in den 15 Minuten nach der Impfung findet in der Zelle statt, nicht wie sonst in einem dafür vorgesehenen Raum.

Wir sind sehr froh, können wir in unseren Praxen und ausserhalb einen so grossen Beitrag zur Corona-Impfkampagne und zur allseits heiss-ersehnten, hoffentlich bald eintretenden Freiheit leisten!