
Ein fieberndes Kind sorgt bei vielen Eltern oft für Sorgen. Ist es gefährlich? Muss sofort gehandelt werden? Oder klingt es von alleine ab? In der Praxis am Bahnhof zeigt sich täglich, wie verunsichernd Fieber sein kann. In Deutschland wurde kürzlich erstmals eine evidenzbasierte Leitlinie zum Fiebermanagement bei Kindern veröffentlicht. Auch für Eltern in der Schweiz ist sie hilfreich, da sie den aktuellen Stand der Kindermedizin widerspiegelt. Damit erhalten Eltern eine verlässliche Grundlage, um Fieber richtig einzuordnen und zu wissen, wann Abwarten genügt und wann ärztliche Hilfe wichtig ist.
Fieber ist keine Krankheit, sondern ein Signal: Der Körper kämpft gegen Krankheitserreger. Gerade im Kindesalter ist es ein wichtiger Teil der natürlichen Abwehr. Die Temperatur kann dabei rasch ansteigen, was Eltern oft erschreckt. Doch entscheidend ist nicht die Zahl auf dem Thermometer, sondern der Allgemeinzustand des Kindes. Ein lebendiges, trinkendes Kind mit 39,5 °C Körpertemperatur ist meist weniger gefährdet als ein apathisch wirkendes Kind mit 38,2 °C. Eltern dürfen lernen, nicht nur auf die Zahl, sondern auf das Verhalten und die Energie ihres Kindes zu achten.
Tipp: Beobachten Sie Ihr Kind genau. Isst und trinkt es noch? Reagiert es auf Gespräche? Spielt es zwischendurch? Das sagt mehr aus als die Höhe der Körpertemperatur.
Medikamente – wann sie helfen und wann nicht
Viele Eltern haben den Impuls, Fieber sofort mit Paracetamol oder Ibuprofen zu senken. Fieber an sich muss nicht behandelt werden. Medikamente sollten nur dann eingesetzt werden, wenn sich das Kind wirklich unwohl fühlt, Schmerzen hat oder nicht schlafen kann. Wichtig ist dabei, dass die Dosierung immer an Gewicht und Alter angepasst wird, um Über- oder Unterdosierungen zu vermeiden.
Tipp: Führen Sie eine kleine Liste, in der Sie den Fieberverlauf, die verabreichten Medikamente und die Uhrzeiten notieren. So behalten Sie den Überblick und vermeiden doppelte Gaben. Besonders wichtig ist dies, wenn Paracetamol und Ibuprofen im Wechsel eingesetzt werden.
Antibiotika ist keine Lösung bei jedem Fieber
Ein häufiger Irrtum: Fieber bedeutet nicht automatisch, dass ein Antibiotikum nötig ist. In den meisten Fällen sind Viren die Ursache, gegen die Antibiotika wirkungslos sind. Der Einsatz ist nur bei klar nachgewiesenen bakteriellen Infektionen sinnvoll. Ein zurückhaltender Umgang schützt nicht nur das einzelne Kind, sondern auch langfristig vor Resistenzen.
Tipp: Vertrauen Sie darauf, dass der Körper die meisten fieberhaften Infekte selbst bewältigt. Ärztliche Abklärung ist wichtig, wenn das Fieber ungewöhnlich lange anhält oder das Kind sehr krank wirkt.
Fieber-Warnzeichen: wann Eltern reagieren sollten
Fieber ist oft harmlos, kann aber in seltenen Fällen auf eine ernsthafte Erkrankung hinweisen. Eltern sollten deshalb wissen, wann ein Arztbesuch notwendig ist. Typische Warnzeichen sind:
- das Kind wirkt ungewöhnlich schläfrig, apathisch oder reagiert kaum
- es zeigt Atemnot oder eine auffallend schnelle Atmung
- starkes oder anhaltendes Erbrechen beziehungsweise Durchfall in Kombination mit Fieber können den Körper rasch schwächen und sollte daher ärztlich abgeklärt werden
- das Kind klagt über starke Kopfschmerzen oder zeigt Nackensteife
- bei Säuglingen im ersten Lebensjahr ist Fieber grundsätzlich ein Warnsignal und gehört immer ärztlich beurteilt
Tipp: Verlassen Sie sich auch auf Ihr Bauchgefühl. Wenn Ihnen etwas „nicht geheuer“ vorkommt, ist ein Arztbesuch immer die richtige Entscheidung.
Korrekt Fieber messen
Die richtige Methode, erleichtert die Einschätzung. Bei Säuglingen ist die rektale Messung am zuverlässigsten, weil sie die genauesten Werte liefert. Bei Kleinkindern eignet sich das Ohrthermometer, wenn es korrekt eingesetzt wird (das Ohr leicht nach hinten ziehen, damit der Gehörgang frei ist). Grössere Kinder und Jugendliche können zusätzlich oral messen, wobei das Thermometer mehrere Minuten im geschlossenen Mund bleiben muss. Stirnthermometer sind zwar bequem, liefern aber oft ungenaue Werte und sollten nur ergänzend verwendet werden. Wichtig ist, dass immer auf die gleiche Weise gemessen wird. So lassen sich Veränderungen im Verlauf am besten beurteilen.
Tipp: Messen Sie nicht zu oft, zwei- bis dreimal täglich reicht. Ständiges Kontrollieren macht Eltern unnötig nervös und gibt kein besseres Bild vom Krankheitsverlauf. Ausserdem kann es helfen, die normale Körpertemperatur des Kindes im gesunden Zustand zu kennen. Diese kann individuell leicht variieren. Wer weiss, was bei seinem Kind „normal“ ist, kann Fieber später besser einschätzen und bleibt ruhiger, wenn die Temperatur ansteigt.
Nähe und Geborgenheit als Medizin
Ein fieberndes Kind braucht in erster Linie Ruhe, Flüssigkeit und die Gewissheit, dass es umsorgt ist. Kuscheln, Geschichten vorlesen oder einfach da sein wirken oft heilender als jede Tablette. Auch leichte Kleidung und frische Luft im Zimmer helfen, das Wohlbefinden zu steigern. Kühlende Wadenwickel können angenehm sein, wenn das Kind sie zulässt, sie sind aber kein Muss.
Tipp: Bieten Sie regelmässig kleine Schlucke Wasser oder Tee an, damit das Kind nicht austrocknet. Auch Wasserglacé ist erlaubt – Hauptsache Flüssigkeit.
Begleitung durch die Praxis am Bahnhof
Die im Text genannten Empfehlungen beruhen auf den neuen Leitlinien zum Fiebermanagement bei Kindern und Jugendlichen. In der Praxis am Bahnhof orientieren wir uns an diesen aktuellen Standards der Kindermedizin. Sie geben Eltern Sicherheit und helfen, Fiebersituationen richtig einzuschätzen mit dem Ziel, Kinder gut und individuell zu begleiten. Sollten Sie dennoch unsicher sein in Bezug auf Ihr fieberndes Kind, rufen Sie uns an oder vereinbaren Sie online einen Termin. In der Regel haben wir kurzfristige Termine für am gleichen Tag verfügbar.
Checkliste für fiebernde Kinder:
- Beobachten Sie den Allgemeinzustand Ihres Kindes, nicht nur die Temperatur.
- Sorgen Sie für ausreichend Flüssigkeit: Wasser, Tee, bei grösseren Kindern auch Wasserglacé.
- Lassen Sie Ihr Kind ruhen und schaffen Sie eine ruhige, geborgene Umgebung.
- Leichte Kleidung und ein gut gelüftetes Zimmer verbessern das Wohlbefinden des Kindes.
- Medikamente nur geben, wenn das Kind Schmerzen hat oder sich deutlich unwohl fühlt.
- Nicht zu oft die Körpertemperatur messen: Zwei- bis dreimal am Tag reicht aus.
- Vertrauen Sie auf Ihr Bauchgefühl! Wenn Sie unsicher sind, holen Sie ärztlichen Rat.