
Angst gehört zum Leben. Sie schützt vor Gefahr und warnt uns, wenn wir handeln müssen. Doch wenn sie ständig präsent ist, kaum abklingt und das alltägliche Leben einschränkt, dann spricht man von einer Erkrankung. Angst- und Angststörungen (auch «Anxiety» genannt) zählen heute zu den häufigsten psychischen Erkrankungen in der Schweiz.
Eine natürliche Schutzreaktion
Angst ist eigentlich eine sinnvolle Reaktion. Sie erhöht Aufmerksamkeit, mobilisiert Kräfte und warnt vor Gefahren. Problematisch wird sie, wenn sie nicht mehr klar einer konkreten Situation zugeordnet werden kann, sondern übermässig, dauerhaft oder unverhältnismässig auftritt. Typische Anzeichen können ständiges Herzklopfen, Atemnot, Schlafprobleme, innere Unruhe oder Rückzug sein. Eine solche anhaltende Angst kann zu einer echten Erkrankung werden, einer sogenannten Angststörung.
In der Schweiz wird davon ausgegangen, dass rund 15 bis 20 % der Bevölkerung irgendwann im Laufe ihres Lebens von einer Angststörung betroffen sind. Angststörungen sind damit keine Randerscheinung, sondern ein zentrales Thema von Gesundheit und Alltag.
Viele Menschen merken lange nicht, dass ihre Symptome etwas mit Angst zu tun haben. Sie erklären sich Müdigkeit, Druck auf der Brust oder Magenbeschwerden mit Stress oder Erschöpfung, bis die Belastung immer mehr Raum einnimmt.
Eine hohe Zahl von Betroffenen mit «Anxiety»
In den letzten Jahren ist Angst als Thema stärker in den Mittelpunkt gerückt. Immer häufiger wird über innere Unruhe und «Anxiety» gesprochen. Begriffe, die beschreiben, wie präsent Sorgen und Anspannung heute im Alltag geworden sind. Dahinter stehen oftmals Veränderungen in Gesellschaft, Arbeitswelt und Lebensstil. Diese beeinflussen, wie wir Stress wahrnehmen und mit Belastungen umgehen. Die nachfolgend beschriebenen Faktoren zeigen, warum Ängste in unserer Zeit häufiger auftreten und wie sich der gesellschaftliche Wandel auf das psychische Wohlbefinden auswirkt.
Digitale Dauerpräsenz: Smartphones und soziale Medien sind ständige Begleiter im Alltag. Sie sorgen dafür, dass kaum noch echte Pausen entstehen. Studien zeigen, dass dauerhafte Erreichbarkeit das Stressniveau erhöht und den Schlaf beeinträchtigt. Zudem kann der ständige Vergleich in sozialen Medien den Eindruck vermitteln, nie ganz zu genügen. Das schwächt das Selbstwertgefühl und kann die innere Stabilität beeinträchtigen.
Leistungsdruck und Unsicherheit: Berufliche Anforderungen, wirtschaftliche Unsicherheit und hohe Erwartungen an Erfolg oder Selbstverwirklichung erzeugen eine dauerhafte Anspannung. Besonders bei jungen Erwachsenen, die sich in einer Aufbauphase befinden, entsteht dadurch der Druck, ständig funktionieren zu müssen. Das anhaltende Gefühl, sich beweisen zu müssen, hält das Stresssystem aktiv und kann Angstreaktionen begünstigen.
Veränderter Lebensstil: Weniger Bewegung, mehr Bildschirmzeit und ein unregelmässiger Tagesrhythmus wirken sich direkt auf die psychische Gesundheit aus. Körperliche Aktivität hilft, Stresshormone abzubauen und unterstützt gleichzeitig die Produktion von Serotonin und Endorphinen. Dies sind Botenstoffe, die im Gehirn Ausgeglichenheit, Ruhe und Wohlbefinde fördern. Fehlt Bewegung fehlen auch die Botenstoffe und als Konsequenz davon werden innere Unruhe, Schlafprobleme und depressive Verstimmungen begünstigt.
Globale Krisen und Unsicherheit: Ereignisse wie die Pandemie, der Klimawandel oder wirtschaftliche Instabilität führen zu einem Gefühl kollektiver Unsicherheit. Diese anhaltende Bedrohungswahrnehmung kann Ängste verstärken und lässt sie auch dann bestehen, wenn keine unmittelbare Gefahr besteht.
Die Zahl der diagnostizierten Angststörungen ist über Jahrzehnte hinweg relativ stabil geblieben. Neuere Untersuchungen zeigen jedoch, dass immer mehr Menschen unter anhaltender innerer Anspannung und Stresssymptomen leiden. Besonders in Phasen grosser Veränderung oder bei unsicheren Zukunftsaussichten, scheint die Belastung zuzunehmen.
Angst im Wandel der Zeit
Auch frühere Generationen kannten Angst, allerdings zeigte sie sich anders. Früher standen vor allem existenzielle Sorgen im Vordergrund, zum Beispiel um Arbeit, Gesundheit oder die Versorgung der Familie. Das Leben verlief meist in festeren Bahnen mit Ausbildung, Beruf und Familie. Das soziale Umfeld bot Halt und Orientierung.
Heute sind die Auslöser vielfältiger und oft weniger greifbar. Leistungsdruck, Selbstoptimierung und ständige Erreichbarkeit prägen den Alltag. Soziale Medien verstärken den Druck zusätzlich, weil dort scheinbar perfekte Lebensentwürfe ständig präsent sind. Das kann Selbstzweifel fördern und innere Unruhe verstärken. Hinzu kommen globale Krisen, wirtschaftliche Unsicherheiten und eine Flut an Informationen, die kaum mehr verarbeitet werden kann. Diese ständige Reizüberflutung hält das Nervensystem in Alarmbereitschaft und begünstigt «Anxiety».
Angst ist also keine Erscheinung unserer Zeit, sondern begleitet Menschen schon immer. Was sich verändert hat, ist die Art, wie sie entsteht und wahrgenommen wird. Früher war Angst oft an konkrete Situationen gebunden, heute tritt sie häufiger als dauerhafte innere Unruhe auf.
Wenn junge Menschen mit Angst kämpfen
Jüngere Menschen erleben diese Veränderungen besonders deutlich. Sie stehen oft an einem Punkt, an dem vieles im Aufbau ist: Ausbildung, Berufseinstieg, Beziehungen, Selbstfindung. Wenn mehrere Anforderungen gleichzeitig bestehen, kann das seelisch überfordern. Besonders die hohen Erwartungen an sich selbst und das Gefühl, ständig funktionieren zu müssen, können die Anspannung verstärken. Zudem fehlen oft erprobte Strategien, um mit Dauerstress umzugehen oder rechtzeitig eine Pause zu finden. Umso wichtiger ist es, frühzeitig Anzeichen wahrzunehmen, wie zum Beispiel Schlafprobleme, innere Unruhe oder Rückzug und Unterstützung zu suchen, bevor sich Ängste verfestigen.
Was wirkt präventiv gegen Angstzustände?
Regelmässige Bewegung, ausreichend Schlaf, soziale Kontakte und ein achtsamer Umgang mit Medien und Nachrichten können vorbeugend Angststörungen verhindern. Auch das bewusste Einplanen von Pausen und der Kontakt zu vertrauten Menschen helfen, das innere Gleichgewicht zu stabilisieren. Wenn Ängste dennoch anhalten oder den Alltag einschränken, kann eine frühzeitige therapeutische Begleitung entscheidend sein, um wieder Sicherheit und Kontrolle zu gewinnen.
Wann Hilfe angezeigt ist und was möglich ist
Man kann sagen, dass Angst eine natürliche Reaktion auf Bedrohung ist. Im Gehirn wird in solchen Momenten die Alarmzentrale aktiviert, Stresshormone werden ausgeschüttet, der Puls steigt. Wenn dieser Zustand über längere Zeit anhält, fällt es dem Körper schwer, in die Ruhe zurückzufinden. Das erklärt, warum Betroffene oft auch körperliche Symptome beschreiben, etwa Herzklopfen, Schwindel, Zittern, Druck auf der Brust, Magenbeschwerden oder Schlafstörungen.
Wenn Angst immer häufiger den Alltag bestimmt und sich auf Beruf, Freizeit oder Schlaf auswirkt, sollte das ernst genommen werden. In solchen Fällen ist eine ärztliche oder psychologische Abklärung sinnvoll, um Ursachen zu erkennen und gezielt behandeln zu können.
Therapeutisch stehen bewährte Verfahren wie Gesprächstherapie oder Verhaltenstherapie zur Verfügung. In manchen Fällen können Medikamente unterstützend wirken. Auch Bewegung, soziale Kontakte und Achtsamkeit sind wichtig. Studien zeigen, dass regelmässige Bewegung und gute soziale Unterstützung das Angstempfinden deutlich senken können.
Ein erster Schritt aus der «Anxiety»
Angst- und Angststörungen lassen sich gut behandeln und viele Betroffene erleben schon nach kurzer Zeit eine deutliche Entlastung. Wer spürt, dass Sorgen, innere Unruhe oder Rückzug den Alltag zunehmend bestimmen, sollte sich nicht scheuen, Unterstützung zu suchen.
Die Praxis am Bahnhof bietet Menschen, die unter Angst leiden, Unterstützung, um wieder mehr Sicherheit und Ruhe im Alltag zu finden. Termine können direkt online vereinbart werden.
