Autoimmunerkrankungen sind immer eine schlechte Nachricht für den Betroffenen. Denn meist bedeutet dies eine chronische, lebenslange Erkrankung, die je nach dem besser oder schlechter in den Griff zu bekommen ist. Die Schilddrüsenunterfunktion, worunter 1% der Bevölkerung leidet, ist dabei sehr einfach zu behandeln.
Das Schmetterlingsorgan – klein aber mit grosser Wirkung
Die Schilddrüse liegt unterhalb des Kehlkopfes und sieht mit ihren zwei Flügeln aus wie ein Schmetterling. Sie schüttet zwei Hormone aus, Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3). Diese steuern fast unseren gesamten Stoffwechsel. Sie beeinflussen vor allem die folgenden Vorgänge im Körper: Energiestoffwechsel und Körpergewicht
- Herzaktivität und Blutdruck
- Gehirnaktivität
- Muskelstoffwechsel
- Darmtätigkeit und Verdauung
- Wachstum und Reifung von Kindern und Föten im Mutterleib
Damit diese Hormone produziert werden, braucht die Schilddrüse einen Befehl aus dem Hirn, genauer gesagt aus der Hirnanhangsdrüse. Sie kontrolliert, ob im Blut genug Schilddrüsenhormone vorhanden sind und kurbelt diese an oder drosselt sie. Dies findet über ein weiteres Hormon das Thyreoidea stimulierendes Hormon (TSH) statt.
Das TSH ist wie ein Gashebel bei einem Auto. Soll das Auto schneller fahren, das heisst mehr T4 und T3 ausschütten, drückt das TSH auf die Tube. Soll die Fahrt langsamer werden, nimmt das TSH den Fuss vom Gashebel.
Gewichtszunahme ohne Grund und ständig müde: Symptome der Schilddrüsenunterfunktion
Eine Schilddrüsenunterfunktion entwickelt sich oft schleichend. Eines der häufigsten Symptome ist eine verminderte Leistungsfähigkeit und damit einhergehendes häufigeres Schlafbedürfnis. Damit kann die Krankheit die Lebensqualität massiv beeinflussen.
Weitere mögliche Symptome sind:
- Gewichtszunahme ohne Veränderung der Essgewohnheiten
- Antriebsarmut
- Konzentrationsstörungen
- Kälteempfindlichkeit
- Zyklusstörungen bei der Frau
- kühle, trockene, schuppige, blassgelbe Haut
- brüchiges, strohiges Haar
- brüchige Nägel
Die Symptome sind je nach Schweregrad der Unterfunktion und ob bereits eine chronische Entzündung der Schilddrüse, eine sogenannte Hashimoto-Thyreoiditis vorliegt, sehr unterschiedlich ausgeprägt.
Frauen haben ein deutlich höheres Risiko daran zu erkranken als Männer.
Das Wertechaos für Laien: Diagnose der Schilddrüsenunterfunktion
Diagnostiziert wird die Schilddrüsenunterfunktion über die Werte T3 und T4 vor allem aber über das TSH. Wenn das TSH erhöht ist, besteht ein Verdacht auf die Krankheit.
Warum aber ist der Wert, der auf die Unterfunktion hindeutet, erhöht? Dies liegt eben daran, dass die Hirnanhangsdrüse wie ein Gaspedal funktioniert und vermehrt TSH ausschüttet, um die Schilddrüse zur Produktion von T3 und T4 anzuregen.
Wenn sich heute jemand mit anhaltender Müdigkeit oder einer depressiven Verstimmung an den Arzt wendet, wird in aller Regel eine Blutentnahme und ein Labor verordnet. Dabei werden verschiedene Werte unter anderem Eisen, Vitamin B oder D und eben das TSH kontrolliert. In diesem Zuge entdeckt man die Krankheit.
Die Behandlung der Schilddrüsenunterfunktion: wenige Nebenwirkungen und häufig einfach in der Dosierung
Um dem Körper wieder genügend Schilddrüsenhormone zuzuführen, wird die fehlende Produktion durch eine Einnahme des Hormons in Tablettenform ersetzt. Dadurch befindet die Hirnanhangsdrüse bei ihrem Check durch den Körper wieder: Alles in Ordnung! Daraufhin senkt sie das TSH und der Patient kann wieder durchatmen.
Es muss jedoch bei der Einnahme genau auf die Dosierung geachtet werden. Eine zu hohe Dosis kann rasch zu einer Schilddrüsenüberfunktion führen. Deshalb ist eine gute Zusammenarbeit zwischen Arzt und Patient und eine anfangs häufigere Kontrolle der Werte wichtig. Ist die optimale Dosis einmal gefunden, bleiben die Werte meist konstant und eine halbjährliche oder jährliche Kontrolle genügt.
Weil das Medikament ein körpereigenes Hormon ist, treten in der Regel wenige Nebenwirkungen auf und der Organismus wird nicht übermässig belastet.
Die meisten Patienten leben unter der Behandlung beschwerdefrei und merken von ihrer Krankheit eigentlich nichts. Deshalb ist die Schilddrüsenunterfunktion eine der am glimpflichst verlaufenden Autoimmunkrankheiten. Denn eine lebenslange Einnahme der Medikamente ist meist problemlos möglich.
Der Kropf und jodiertes Salz – kleiner Exkurs in die Geschichte der Schilddrüsenerkrankungen
Die Schilddrüse kann sich bei einer Erkrankung extrem vergrössern. Sie kann so gross wie ein Tennisball oder grösser werden und ist deshalb am Hals sichtbar. Dieses Krankheitsbild nennt man Kropf. Früher waren Kröpfe ein gängiges Leiden in den Schweizer Arztpraxen, vor allem in den Bergregionen. Der Grund dafür ist Jod. Das Spurenelement ist sehr wichtig für die Schilddrüse, um richtig zu funktionieren.
Natürlicherweise kommt Jod vor allem in Meeresfischen und –algen vor. Deshalb gab es den Kropf unter der Bevölkerung, die in Meeresnähe lebte eigentlich nie. Die Schweizer Bergbewohner, deren Speiseplan wenig abwechslungs- und teilweise entbehrungsreich war, litten oft unter Jodmangel. Die Schilddrüse konnte darum nicht genügend Hormon produzieren, der «Gashebel das TSH» war immer aktiv und es entstand eine Unterfunktion. Die Schilddrüse wurde grösser und grösser und dies führte letztlich zum Kropf.
Erkannt hat man diesen Zusammenhang bereits im 19. Jahrhundert. Ab den 1920er Jahren begannen die Behörden unser Salz mit Jod anzureichern und merzten so den Kropf nahezu aus. Deshalb steht heute in den meisten Küchenschränken jodiertes Speisesalz.
Wenden Sie sich an uns
Wenn Sie unter einem der oben genannten Symptome leiden und denken der Ursprung könnte eine Schilddrüsenerkrankung sein, wenden Sie sich an unsere Ärzte der Allgemein Inneren Medizin.
Es ist ein gängiges Krankheitsbild und unsere Mediziner verfügen deshalb über viel Erfahrung in dem Bereich.
Wenn Sie spezifische Fragen zu Schilddrüsenerkrankungen haben, vereinbaren Sie einen Termin mit Dr. med. Doris Keller.